Wie alles begann (Teil II)

An dieser Stelle möchte ich euch gerne weitererzählen, wie meine Reise mit den Pferden weiterging. Nach meinen Anfangsjahren in jenem Stall, über den ich in meinem ersten Blogbeitrag bereits berichtet habe, und zwei weiteren Reitbeteiligungen, führte mich meine Liebe zu Pferden in ein Trakehnergestüt. Dort durfte ich einige Jahre die Mutterstuten, aber auch die Jungpferde betreuen, was mir riesige Freude bereitete. In diesem Gestüt habe ich zum ersten mal die für mich korrekte Haltung der Pferde und den für mich richtigen Umgang mit Pferden kennengelernt 🧡. Es gab in den Stallungen Musik für die Pferde, sie hatten sehr große Ausläufe und Sommerweiden – es herrschte Ruhe, Frieden und sehr viel Liebe für diese wunderbaren Geschöpfe.

Und dann trat eines Tages Tommy als Mitreitpferd in mein Leben und er sollte alles verändern. Damals war er noch ein Haflinger wie es im Buche steht – bockig und starrköpfig hoch 1️⃣0️⃣. Nach 15 Minuten reiten in der Bahn blieb er stur stehen, es gab kein vor oder zurück mehr. Nur wenn man die Halle danach verließ kam wieder Bewegung ins Pferd. Auch beim Ausreiten, in vollem Galopp, blieb er nicht selten auf einmal stehen, um genüsslich zu grasen. Dem Gesetzt der Schwerkraft zur Folge, kann sich bestimmt jeder vorstellen, wo man bei diesen Aktionen des öfteren landete. Doch genau solche Charaktere zogen mich in der Pferdewelt schon immer magisch an.
 Was vielen nicht bewusst ist: das Pferd bestimmt deinen Weg und nicht umgekehrt!

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Damals ließ ich mich viel zu schnell verunsichern und stellte mich und meine Handlungen ständig in Frage. Das ist grundsätzlich natürlich kein Fehler, aber zum damaligen Zeitpunkt habe ich die erfahrenen Pferdemenschen und die Vorgehensweisen meiner Trainer/innen in keinster Weise hinterfragt. Heute bin ich mir dessen bewusst, dass diese „erfahrenen“ Pferdemenschen auch nur weitergaben, was ihnen einst beigebracht wurde 🧡, ohne nach links und rechts zu schauen oder mal auf ihr Gefühl zu hören. Aus meinem heutigen Verständnis heraus, wie die Arbeit bzw. der Umgang mit Pferden meiner Ansicht nach aussehen sollte, war dies nicht immer „richtig“ – im Gegenteil, oftmals sogar verwerflich. Der Wissensstand in Bezug auf Pferde hat sich in den letzten Jahren erfreulicherweise massiv erweitert. Es macht mich immer wieder glücklich zu sehen, wie sich das Verständnis für diese wunderbaren und sanftmütigen Geschöpfe nach und nach verbessert und sich neben der ehemals vorherrschenden „Pferde sind Sportgeräte-Fraktion“ auch eine Pferdewelt entwickelt, in der die Arbeit und der Umgang mit Pferden auf einer freundschaftlichen Basis, mit viel Gefühl und Achtsamkeit, basiert. 🍀

Gerade mit meinem Tommy durchlief und durchlaufe ich immer noch unglaublich viele unterschiedliche Wege, die alle durchaus miteinander harmonieren bzw. vereinbar sind. So wie wir Menschen nicht alle gleich sind und gleich „funktionieren“ und denken, genauso wenig ist es bei Tieren der Fall. Eine einheitliche Methode, quer über alle Charaktere kann also meiner Meinung nach nicht funktionieren. Ich picke mir immer das für das jeweilige Pferd passende heraus, da jedes Individuum etwas anderes benötigt, um Spaß zu haben, etwas zu lernen, motiviert bei der Sache zu sein und um Vertrauen aufzubauen.
Natürlich gibt es immer wieder „erfolgreiche Beweise“ dafür, dass bestimmte Methoden und Vorgehensweisen bei allen Individuen -egal, ob Mensch oder Pferd – funktionieren, doch wird hier leider nicht unterschieden, WIE das Ziel erreicht wurde. In vielen Fällen basieren diese Erfolge auf Zwang, Angst, Unterdrückung und Konditionierung anstatt auf Freude, Motivation und Partnerschaft.

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Noch in der Zeit als ich Tommy als Mitreiterin begleiten durfte, wurde er von seiner Besitzerin auf Westernreiten 🤠 umgestellt. Anfangs war ich sehr begeistert, da mir nicht nur der lange Zügel beim reiten besonders gefiel, sondern auch die Einzelstunden, in denen der Trainer nur auf mich und „mein“ Pferd konzentriert war. Auch bemerkte ich, dass Tommy diese Art des Reitens, mit lockeren, durchhängenden Zügeln, lieber mochte, als den angenommenen Zügel bei der klassischen Dressur. In dieser Zeit kam ich auch erstmalig mit Centered Riding in Berührung. Ich spürte ziemlich rasch, dass Tommy sich körperlich nicht so bewegen konnte, wie er es gerne wollte und brauchte. Ein Ausritt mit meinen StallkollegInnen sah am Anfang ungefähr so aus: Wir haben uns zu fünft für eine schöne Tour im Rohrwald verabredet. Tommy und ich bildeten immer das Schlusslicht. Dies wäre an sich ja völlig in Ordnung, wenn wir nicht nach wenigen Schritten weit abgeschlagen gewesen wären 🧐. Die anderen vier Pferde hängten uns mit Leichtigkeit ab und waren ständig 10 – 15 Meter vor uns. 
Diese Tatsache brachte mich zum Nachdenken, warum und weshalb das so ist und was wir verändern könnten, damit Tommy freudiger und flotter laufen möchte. Ich begann auf mein Gefühl zu hören.

Nach längeren Überredungskünsten bei Tommy’s Vorbesitzerin, konnte ich sie davon überzeugen, ihn mal für eine Periode ohne Eisen auf den Vorderbeinen laufen zu lassen, zumal die Eisen nicht mehr halten wollten, da die Wände komplett weggebrochen waren. Zudem erhielt Tommy ab diesem Zeitpunkt in regelmäßigen Abständen eine omnipatische Behandlung und das Futter wurde ebenfalls ein wenig angepasst. Ich tat alles, was als Mitreiterin in meiner Macht stand, um Tommy zu unterstützen. Natürlich hatte dies Grenzen, wie bestimmt viele von euch ebenso bereits erfahren mussten. Dies ist leider das Los der MitreiterInnen, wobei ich sagen muss, dass ich ein sehr gutes Verhältnis zu Tommy’s Vorbesitzerin hatte und damit vieles für ihn verbessern konnte. 

Ein weiterer wichtiger und sehr prägender Moment war, als ich das Training für Tommy zu verändern begann. Hier hatte mir damals eine gute Freundin Claudia Benedela empfohlen, da Tommy sich sehr schwer tat, links anzugaloppieren. Claudia ist für mich eine Visionärin und seit über 10 Jahren meine Mentorin. Sie hat sich ganz dem Korrektur- und Reha-Training von Pferden verschrieben. Ihr Wissen um die Bewegung des Pferdekörpers, um Zusammenhänge und Lösungen und ihr Blick dafür sind sehr beeindruckend. Ebenso prägend war bzw. ist das Training mit Claudia auch für Tommy. Wir konnten ihm damit vermitteln, dass wir ihm helfen wollen bzw. er sich selbst durch seine Mitarbeit helfen kann. Hier war der magische Moment zwischen Tommy und mir 🧡. Ab diesem Zeitpunkt hatte er verstanden, dass wir ihm Gutes tun wollen und es wuchs eine ganz starke Verbindung zwischen mir und ihm heran, die uns in den Folgejahren durch viele Höhen und Tiefen geholfen hat und bis heute unerschütterlich ist.

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